Auf der Bremse: Wenn die FDP auf sozialistische Gedanken kommt

Als die Große Koalition im Sommer 2015, wenn auch sehr halbherzig und dadurch wirkungsarm, bundesweit eine Mietpreisbremse beschloss, um angesichts rasant steigender Wohnkosten das Zuhause von Millionen Menschen bezahlbar zu halten, rief das umgehend die Apologeten der reinen Marktlehre auf den Plan. Vornehmlich für die FDP sind bekanntlich staatliche Interventionen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger ein Gräuel. Und so schmähte die durch Christian Lindner personifizierte Partei mit heftiger Kritik die Entscheidung. Die Mietenbremse sei ein "sozialistischer Irrweg"!

Mittlerweile sitzt die Partei der Besserverdienenden am Kabinettstisch der Bundesregierung und plötzlich sind staatliche Kostenbremsen überhaupt kein Tabu mehr. Wie Kai aus der Kiste zauberte der Finanzminister vor wenigen Wochen angesichts enorm gestiegener Benzin- und Dieselpreise eine Tankpreisbremse hervor, nannte sie dann aber etwas verschämt Tankrabatt. Seine Begründung klingt, nun ja, sehr sozialistisch: "Der Staat dürfe die Bürger und die Wirtschaft mit steigenden Preisen nicht alleinlassen."

Was auf den ersten Blick wie eine Kehrtwende um 180 Grad aussieht, ist beim genauen Hinschauen doch nur vor allem Klientelpolitik. Während zahllose Nichtmotorisierte – mit oft genug eher mäßigem Einkommen – bei derartiger Protektion leer ausgehen würden, könnten zum Beispiel Fahrerinnen und Fahrer von SUVs oder Mehrwagenhaushalte sich über diesen Sonderbonus freuen. Es wäre, wieder einmal, eine Umverteilung von unten nach oben. Und auch wenn jetzt die Bundesregierung eine Mobilitätsprämie auch für Nichtautobesitzer auslobt, es bleibt dabei - wer den meisten Kraftstoff verbraucht, kann auch die meiste Kohle einsacken.


HaSe