Mal wieder: Spätis!

Als in Zeiten der Pandemie Berlin durch Rechtsverordnung regiert wurde und Gaststätten schließen mussten und man auch in Parks nur allein auf der Bank sitzen durfte, breiteten sich vor Spätis vielerorts Sitzgelegenheiten aus, um auf die Schnelle und auch in Gemeinschaft mal ein Bier oder was auch immer zu trinken. Dass sich damit eine Lücke im Berliner Straßensondernutzungsrecht öffnete, war den wenigsten Späti-Betreibern bewusst. Denn Spätis sind im einschlägigen Gesetz nicht vorgesehen.

Insofern war die Absicht der Pankower CDU-Ordnungsstadträtin, hier für eine Gleichbehandlung aller „nichttechnischen Straßensondernutzer“ (soviel Amtsdeutsch muss sein) zu sorgen, noch kein Grund zur Besorgnis. Gleiche Regeln für Schankvorgärten, Stühle und Tische vor Bäckereien, Fleischereien und eben Spätis bedeutete im Wesentlichen: Fußgänger dürfen nicht behindert werden; um 22 Uhr ist Schluss auf der Straße, und in jedem Fall nur mit einer Genehmigung und gegen Entrichtung einer Gebühr.

Allein: Das Pankower Ordnungsamt will laut erstem Entwurf diese Regel nur für Schankvorgärten, Bäckereien, Fleischereien und Feinkostläden (warum auch immer) gelten lassen – für Spätis ausdrücklich nicht. Begründet wurde dies mit der angeblichen Beschwerdelage, die nicht detailliert dargestellt wurde, und mit fehlenden hygienischen Voraussetzungen, sprich Gästetoiletten. Die allerdings haben die meisten Bäckereien und Fleischereien auch nicht, von Feinkostläden ganz zu schweigen. So reiht sich, was scheinbar vernünftig daherkommt, ein in den jahrzehntelangen Kampf konservativer Politik gegen eine der letzten Errungenschaften der DDR: die Spätverkaufsstellen.
 

Wolfram Kempe
Bezirksverordneter