Ah, ein Mönch! Interview mit Bruder Christoph

Ich treffe Bruder Christoph, den stellvertretenden Leiter der Suppenküche des Franziskanerklosters in Pankow. In der Suppenküche können von Armut betroffene Menschen eine warme Mahlzeit bekommen. Es gibt auch eine Sozialberatung, eine Hygienestation und eine Kleiderkammer.

 

Lieber Christoph, gab es ein Leben vor dem Franziskanerkloster?

Ich habe BluZi in Frankfurt am Main gelernt (lacht). Das ist die Abkürzung für Blumen- und Zierpflanzengärtner.

Und wie bist Du zum Orden gekommen?

Die Frage mit Gott hat mich von klein auf beschäftigt. Ich war „normal“ katholisch, war Messdiener, bin sonntags zur Kirche gegangen, hatte aber keinen zurückgezogenen Lebensstil. Auch als ich in der Lackiererei gearbeitet hab, hat mich die Frage nicht losgelassen. Ich habe meine Beziehung zu einer Frau beendet. In Fulda stand ich dann irgendwann vor der Lebensbeschreibung des Heiligen Franziskus. Da stand „Und er war ein Lebemann“. Das hat mich abgeholt.

Was hat Dich nach Pankow verschlagen?

2006/2007 habe ich hier mein Postulat gemacht. 2007/2008 habe ich mich in den Orden eingeschrieben (Einkleidung). Und nach verschiedenen Stationen bin ich seit 2019 wieder hier in Pankow.

Wie sieht Dein Tagesablauf im Franziskanerkloster aus?

Ich stehe um sechs Uhr auf, dann gibt’s Kaffee. Um 7:30 Uhr ist Morgengebet und anschließend Suppenküche bis 15 Uhr. Dann kommen die Nacharbeiten. Gegen 18 Uhr ist Eucharistie oder Vesper, dann Abendessen. Um 20 Uhr schaue ich Nachrichten, es gibt Freizeit und um 22 Uhr gehe ich ins Bett.

Was berührt Dich bei Deiner Arbeit am meisten?

Ich finde es beeindruckend, wenn Gäste wieder auf den grünen Zweig kommen, vor allem junge Menschen, die kurz vor der Obdachlosigkeit stehen. Wir stellen Kontakt mit der Sozialarbeiterin her und ermutigen „Bleib am Ball“. Wir versuchen alles, damit es gar nicht erst zur Obdachlosigkeit kommt. Aber wir sind nur das Tagesgeländer, unsere Gäste müssen den Mut haben, alleine weiterzugehen.

Wieviel Gäste habt Ihr derzeit in der Suppenküche?

Momentan haben wir ca. 280 Gäste. Das steigt gerade wieder an. Zu uns kommen viel mehr Männer als Frauen. Frauen kochen lieber selbst und gehen eher zur Tafel. Zu uns kommen alle Nationalitäten, alle Altersgruppen, auch verwahrloste Menschen. Wichtig ist, dass sie bei uns Ruhe finden.

Wie läuft’s bei den Spenden?

Die hohen Lebensmittelpreise gehen natürlich auch an unseren Spendern nicht vorbei. Aber Billigkäse tut’s auch. Jeder gibt, was er kann. Es ist beeindruckend, was es jeden Tag an Spenden gibt. Bei uns kann man sein Geld guten Gewissens lassen.

Wirst du schräg angeguckt, wenn Du mit Deiner „Kutte“ auf der Straße rumläufst?

Im Gegenteil, da ergeben sich interessante Gespräche und Begegnungen. Einmal kam ein junger Mann auf mich zu und rief „Ah, ein Mönch!“ und wollte ein Selfie mit mir machen. Na klar, habe ich das gemacht.

Wenn Du Dir was wünschen dürftest, was wäre das?

Dass man mit dem zufrieden ist, was man hat. Viele Menschen auf der Welt haben gar nichts. Ich bin ein zufriedener Mensch. Ich habe ein warmes Zimmer und kriege was zu Essen. Da ist ein großes Gefühl der Sicherheit und auch für die Demokratie. Dieses Gut müssen wir hochhalten und verteidigen. Das ist mein Wunsch an mich und andere. Deswegen gehe ich auch wählen!


Interview: Sandra Brunner