Mit Kröten einen Bärendienst leisten

Der ehemalige Rangierbahnhof Pankow ist einer der unwirtlichsten Orte Berlins. Dort, wo einst viele tausend Tonnen Kohle umgeschlagen wurden und auch zahllose Betonplatten für die Neubaugebiete in Marzahn, Hellersdorf und Höhenschönhausen die Hauptstadt erreichten, findet sich heute eine veritable Brache. Aufgrund des verdichteten und belasteten Erdreichs ist es ein spärlicher Lebensraum, wo selbst Pioniergewächse zunächst einige Mühe hatten, sich durchzusetzen. Gutes Bauland sollte man meinen – idealer Lebensraum, findet überraschend die Kreuzkröte. Das Tier steht wegen seiner Seltenheit unter strengem Naturschutz und man staunt angesichts der offensichtlichen Anspruchslosigkeit darüber, warum das so ist. Über 330 dieser Amphibien werden hier inzwischen gezählt und es stellt sich natürlich die Frage, wie und woher die ersten ausgerechnet dahin kamen. Von verlockenden Wasserarealen, die sie zur Vermehrung dringend brauchen, kann jedenfalls nicht die Rede sein.

Im übertragenen Sinn diese Kröte schlucken muss der Möbelverkäufer Kurt Krieger, der das Areal vor eineinhalb Jahrzehnten kaufte, um es zu bebauen, nicht nur mit einem oder zwei Möbelmärkten, sondern auch mit 2.000 Wohnungen und Infrastruktur, wie Schulen. Die Mehrheit der Menschen in Pankow findet das sinnvoll und so droht die Kröte ihres Paradieses verlustig zu gehen. Für neue Aufmerksamkeit sorgten dann Tierliebhaber:innen, als sie ein Probewohnen für die Kreuzkröten an ausgewählten Standorten einforderten und damit einhergehend ein Entwicklungsstopp auf der Brache. Es war wohl der Moment, als der Senator für Stadtentwicklung, der SPD-Mann Christian Gaebler, dessen Haus gerade einen Entwurf für ein Schneller-Bauen-Gesetz erarbeitet, auf der Suche nach Argumenten, auch den Naturschutz künftig stärker zurückzustellen und einzuschränken fündig geworden ist. Wer auch immer der Kreuzkröte das Areal schmackhaft machte, wer auch immer den Kröten eine Behandlung zuteilwerden lassen wollte, von der Menschen nur träumen können, der hat dem Naturschutz in Berlin einen Bärendienst erwiesen. Chapeau!
 

HaSe