Rede von Maximilian Schirmer, Fraktionsvorsitzender Linksfraktion Pankow auf der Hauptversammlung am 4. März 2023

Liebe Genossinnen und Genossen,

vielen Dank für die Möglichkeit, heute etwas ausführlicher zu LINKER Kommunalpolitik in Pankow zu sprechen. Ich muss jetzt nur aufpassen, dass ich mich an die 10 Minuten Redezeit nicht gewöhne. Einmal lange Redezeit bekommen, fällt es einem dann schwer sich wieder umzugewöhnen. Naja…

Liebe Genossinnen  und Genossen,

als wir die ersten Hochrechnungen gesehen haben, ist uns allen ein Stein vom Herzen gefallen. Nicht weil wir ein Ergebnis erhalten haben, mit dem man zufrieden sein könnte, sondern - das gehört zur Wahrheit dazu - wir alle, mit deutlich Schlechterem gerechnet haben. Das erste Mal seit Monaten, lagen wir über den Umfragen, viele waren eben erleichtert. Doch nachdem sich der Staub nun ein wenig gelegt hat, haben wir gesehen, dass die Wahl an einigen empfindlichen Stellen, Verluste verursacht hat, die wir analysieren müssen. 

An dieser Stelle, kann ich allerdings ruhig mal erwähnen, dass die Wahl zumindest den Vorteil hatte, dass ich mich nun wieder vollständig auf Pankow konzentrieren kann. Wie viele von euch mitbekommen haben, bin ich von der Landesliste in einen der Berliner Wahlkreise gerutscht, in dem die ehemalige Kandidatin nicht erneut kandidiert hat. Dieser Wahlkreis war allerdings in Treptow-Köpenick. Somit musste ich sehr kurzfristig zum Wahlkampf nach Treptow-Köpenick. Auch wenn ich kaum Zeit für eine Kampagne hatte, habe ich ein tolles Team aufgebaut und dort ein akzeptables Ergebnis erzielt. Aber nächstes Mal wieder mit mehr Vorlauf und im eigenen Kiez. Es war Wahlkampf am Limit und ich bin froh, dass die dreifache Belastung  - Fraktionsvorsitz, Job und Wahlkampf -  am anderen Ende der Stadt - nun vorbei ist und nun Pankow wieder der Fokus ist. 

Das bringt mich auch direkt zur Pankower Kommunalpolitik. Wir als DIE LINKE in der BVV haben den Anspruch, uns um die konkreten Probleme der Menschen zu kümmern. Wer für uns in der BVV sitzt, sitzt dort nicht seine Zeit ab, um Sitzungsgelder einzustreichen, sondern wir betrachten Kommunalpolitik als Herzstück der politischen Ebenen. Nach wie vor, wählen uns die Menschen am ehesten auf kommunaler Ebene in Pankow. Das hat was damit zu tun, dass DIE LINKE hier wahrnehmbar an den Problemen der Menschen dran ist. Wir können zum Beispiel beobachten, dass wir auch bei dieser Wahl in einigen Wahllokalen, wo wir die Interessen der Bürgerinnen und Bürger stark vertreten haben und auch öffentlich dem Druck standgehalten haben, deutlich Stimmen dazu gewinnen konnten. Zum Beispiel im Thälmannpark und im Schlossparkkiez. 

Stadtentwicklung

Dort sollen nämlich gegen jede Vernunft Wohnungen auf Grünflächen und in Innenhöfe gesetzt werden. Natürlich braucht es genug Wohnraum für alle, aber wir brauchen auch eine lebenswerte Stadt. Es darf nicht sein, dass wir jeden Zentimeter Stadt zubetonieren, um den Profit einzelner Investoren zu sichern, ohne Rücksicht auf die Menschen, die hier leben. Wir brauchen Grünflächen zur Erholung, Kitas, Schulen und Kultur. Es braucht eine  Rückkehr zu einem ordentlichen B-Plan Verfahren, unabhängig von einzelnen Standorten, und Instrumente bezirklicher Steuerung und Bürger:innenbeteiligung. Dafür stehen wir als LINKE.

Wenn nun die CDU und die Grünen, oder diese Beton SPD auf Landesebene unsere Stadt und unseren Bezirk planen werden, muss die LINKE geeint die Stimme der Vernunft sein. Wir werden es sein, die hier den Finger in die Wunde legen wird und wir werden es sein, die für die Interessen der Anwohnenden kämpft und nicht für die Interessen der Investoren. Da kann der Investor noch so viele Transparente und Anwälte auf uns loslassen. Wir stehen weiter an der Seite der Menschen, die hier leben.

Verkehr

Diese Wohngebiete müssen übrigens auch verkehrlich erschlossen werden. Verkehrspolitik heißt in einem zusammenhängenden Konzept zu denken. Natürlich ist es sinnvoll Straßen, in denen bereits schon jetzt mehr Fahrräder fahren, als Autos, auch zu Fahrradstraßen zu machen, dagegen hat auch niemand was. Besonders wenn sie dadurch von den Hauptverkehrswegen umgelenkt werden und so Unfälle vermieden werden. Aber das löst eben unser Problem nicht in Kiezen, die sich so nicht erschließen lassen. Verkehrswende kann nur erreicht werden, indem wir die Leute mitnehmen, Angebote machen und überzeugend sind - nicht indem wir über ihre Köpfe hinweg entscheiden. Wer ein Verkehrsangebot einschränkt - z.B. wie die Grünen das Auto -  der muss eben auf der anderen Seite ein besseres Angebot machen - das sehe ich aber nicht. Und das unterscheidet uns von den anderen Parteien. Wir reden nicht die ganze Zeit davon, was wir alles nicht wollen, sondern wir arbeiten an dem Ausbau des Straßenbahnnetzes zur Erschließung des Pankower Nordens, einer Taktverdichtung der S-Bahn und Lokalen Anbindungsmöglichkeiten wie zum Beispiel dem Kiezbus. Es geht konkret um eine Umstiegsmöglichkeit am Nahverkehrsknoten Wilhelmsruher Damm und die Streckenführung für die Verlängerung der M2 zum Bahnhof Blankenburg. Wer eine Verkehrswende will, wer möchte, dass Berlin seine Klimaziele in diesem Bereich einhält - der tut sehr gut daran, einen ÖPNV herzustellen, der wohnortnah, barrierearm und für alle zu bezahlen ist. Wer Berlin am Laufen halten will, sorgt dafür, dass der ÖPNV funktioniert - Punkt. Es braucht soziale Konzepte für den Verkehr. Die Grünen bedienen vor allem ihr eigenes, meist sehr gut verdienendes Klientel in Prenzlauerberg. Die Menschen, die auf den ÖPNV angewiesen sind, bleiben sprichwörtlich auf der Strecke. Und ich habe jetzt mit Fußwegen und Barrierefreiheit im öffentlichen Raum noch gar nicht angefangen, dafür reichen auch die 10 min nicht. Denn hier gibt es weiter eine Finanzierungslücke von 60%.

Finanzfragen

Finanzfragen dürfen übrigens auch nicht zu Parteipolitischen Machtspielchen genutzt werden. Auch hier müssen wir die Stimme der Vernunft sein. Wenn die CDU sich weigert einer Investitionsplanung zuzustimmen, aus der unser BzBgm und insbesondere unsere Schulstadträtin wirklich alles rausgeholt haben, dann haben sie damit zwar einen Punkt, dass es an Geld fehlt, aber es ist unredlich jetzt so zu tun, man müsste nur laut nach Geld schreien und dann löst sich die Schuldenbremse irgendwie magisch auf. Wenn sie wirklich daran interessiert wären, dass die Bezirke ausreichend Geld erhielten, dann können sie sich gerne für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer einsetzen, denn diese geht direkt an die Kommunen und würde Geld für dringende Investitionen einbringen. Alles andere ist einfach nur Irreführung. Bis das nicht passiert, gilt es, die vorhandenen Mittel nach Prioritäten zu verteilen. Als LINKE übernehmen wir Verantwortung und kämpfen für jede Investitionsmaßnahme und benennen gleichzeitig die Lücken. 

Wir sind die Partei der Zukunft. Wir wollen in Berlin investieren und es nicht kaputtsparen. Ich sehe mit einer CDU in der Regierung schwarze Zeiten auf uns zukommen. Viele hier können sich an den Sparkurs, den Bankenskandal und die vielen Bauprojekte ohne dazugehörige Infrastruktur erinnern.

Jugend/Schule:

Schulen wurden kaputtgespart und bis heute knabbern wir daran. Die Feuerwehr bekommt jetzt vielleicht Bodycams, aber es fehlt an Löschfahrzeugen und beispielsweise Selbstorganisierte Jugendprojekte im Bezirk waren der CDU schon immer ein Dorn im Auge - hier kommen harte Zeiten auf uns zu. Wenn es tatsächlich zu Schwarz-Rot auf Landesebene kommt, muss eines für uns klar sein. Wir müssen wissen für was wir stehen und für wen wir Politik machen wollen.

Es waren vor allem die Erst- und Zweitwählenden, die unser Ergebnis stabilisiert haben.Das ist unser zukünftiges Wählerklientel. Genau in dieser Altersgruppe, haben wir aber Mitglieder verloren. Es muss jetzt ein klares Bekenntnis her, zu einer sozialistischen Partei, die junge Leute anspricht, sonst verlieren wir unser vielleicht wichtigstes Wählerklientel. Wir müssen Politik für alle Generationen machen, aber eines darf uns auf keinen Fall passieren: Für kurzfristige Wahlerfolge, Politik auf den Rücken der Jungen und ganz Jungen zu machen, nur weil diese vielleicht noch nicht wählen können. 

Die CDU ist nicht die Partei der Jugend. Die Probleme sollen nicht gelöst werden, sondern verschoben werden. Wichtige Jugendprojekte, wie das Maxim müssen wir sichern, und dürfen diese wichtigen Investitionen nicht verhindern. Das ist LINKE Politik.

Soziales

LINKE Politik ist es, die Ressourcen sinnvoll zu nutzen, um so viele Menschen wie möglich mitzunehmen. Die CDU fordert in der BVV zum Beispiel ein Mehrgenerationenhaus in Rosenthal und möchte dort ein neues Haus bauen, dabei gibt es in Wilhelmsruh ein solches Haus bereits, dort fehlen nur die Gelder, aber das Haus ist komplett neu saniert und steht in den Startlöchern. Gleichzeitig braucht das Freizeithaus in Weißensee einen Anbau, weil es aus allen Nähten platzt, die aufsuchende Straßensozialarbeit droht ihre Finanzierung zu verlieren, dem Geburtshaus Maja werden die Räume gekündigt und beim SeniorenProjekt QVNIA läuft die Finanzierung aus. Alle diese Dinge müssten wir nicht nur erhalten, sondern ausbauen, denn der Bedarf ist riesig. Das wäre Soziale Politik. Wir werden dafür kämpfen, aber wenn Schwarz-Grün-Gelb eventuell uns diese Projekte wegstreicht, werden wir die Partei sein, die den Finger in die Wunde legt.

Aktuell laufen die Verhandlungen noch. Ich kann euch also derzeit noch nicht sagen, wer in diesem Bezirk Mehrheiten organisieren kann und wird. Wir sprechen mit allen demokratischen Parteien und verschiedene Konstellationen sind für uns denkbar. Eines will ich aber auch recht deutlich sagen, es zeichnet sich ab, dass die anderen Parteien mit sehr langen Wunschlisten an uns herantreten und nur wenig bereit sind, auch dafür auf unsere Wünsche einzugehen. Wir erwarten weiterhin eine gesetzliche Änderung auf Landesebene, die rückwirkend das derzeitige Verfahren ordnen soll. Ob das dann wiederum vor Gericht Bestand hat, werden wir sehen. Es sieht aber ganz so aus, als würde sich das jetzige Bezirksamt neu sortieren.

Wir haben bei dieser Wahl ein Mandat und einen Stadtratsposten verloren. Das ist bitter und tut weh. Aber wir können jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken. Es ist keine Zeit die Wunden zu lecken, jetzt heißt es die Chancen nutzen und die Kommunalpolitik wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Wir haben direkt nach der Wahl eine Fraktionsklausur abgehalten. Und natürlich haben wir uns auch dort einige unbequeme Fragen gestellt. Aber als Fraktion, sind wir als ein tolles Team zusammengewachsen und unterstützen uns wo wir nur können. Wir haben einen inhaltlichen Fahrplan, für die nächsten Monate aufgestellt. Ich kann euch eines sagen, die Linksfraktion ist bereit, in der BVV alles für diesen Bezirk rauszuholen. Doch dafür braucht es auch euch. Jeder und Jede von euch ist in Vereinen organisiert, kennt viele Menschen im Bezirk und erlebt die realen Probleme hier. So wie Lars, der mich auf das Mehrgenerationenhaus in Wilhelmsruh hingewiesen hat. Zögert nicht. Ladet uns ein, ruft uns an oder schreibt uns ne Mail. Wir haben in allen Themenbereichen AGen, die sich explizit auch an unsere Genossinnen und Genossen richten. Wir jedenfalls geben diese Partei nicht auf. Im Gegenteil, wir haben jetzt 3,5 Jahre, mit euch zusammen DIE LINKE neu zu formieren und selbstbewusst in die kommenden Auseinandersetzungen und Wahlen zu gehen. 

Vielen Dank.

Es gilt das gesprochene Wort.