Profi(t)sport statt Inklusion und Klimaschutz - Nein zum Abriss des Jahnstadions

Den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark möchte der Senat samt Stadion zu einem Inklusions-Leuchtturm ausbauen. Ein Anliegen, das Unterstützung verdient. Die zentral gelegene und gut erschlossene Anlage weist Gestaltungspotential auf. Dennoch ist das Vorhaben hoch umstritten und ruft massive Proteste hervor, von der Anwohnerschaft, die sich unter anderem in der Bürgerinitiative Jahnsportpark und neuerdings auch im SC Sportwiese organisiert hat, über Natur- und Klimaschützer bis hin zur Architektenschaft.

Vermutlich wären diese Proteste vermeidbar gewesen, hätte man das Projekt nicht jahrelang allein unter sportfachlichen Aspekten entwickelt. Über 220 Millionen Euro in einem der am dichtesten besiedelten, verkehrlich und touristisch besonders hoch frequentierten Wohngebiete zu verbauen, wirft Fragen auf, die weit über den Sport hinausreichen: Vom Stadtlandschaftsraum mit Mauerpark und Falkplatz über die Bedeutung der ostmodernen Architektur und des Stadtgrüns, bis zur sozialen Bedeutung der Sportwiese für den informellen, selbstorganisierten Sport. Es ist schwer nachvollziehbar, warum all diese Aspekte so spät und erst auf Betreiben der Bürgerinitiative in die Planung eingebracht wurden.

Der geplante Abriss der Haupttribüne, die ebenso jung ist wie Fußballweltmeister Lionel Messi, und der stadtbildprägenden Flutlichtmasten mit ihren mehr als 1.000 m³ großen Betonfundamenten vernichtet Ressourcen, graue Energie und ein bemerkenswertes Bauwerk der späten Ostmoderne. Das kühn auskragende Dach der Haupttribüne ist ikonisch, ihre Lage auf der ungünstigen Ostseite ein Alleinstellungsmerkmal, das der Nähe zur damaligen Staatsgrenze geschuldet ist. Wer im Bestand baut, muss vom Bestand ausgehen und prüfen, wie sich dieser durch klugen Um- und Weiterbau entwickeln lässt. Daran hat sich der Bedarf anzupassen, nicht umgekehrt. Die Senatsbauverwaltung verfügt aber noch nicht einmal über die dafür erforderlichen Bestandsunterlagen. Das hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Architektenwettbewerb kein überzeugendes Umbauprojekt hervorbringen konnte.

Die klimatisch und sozial bedeutsame Sportwiese soll einem Plasteplatz weichen. Vorrang hat der Profisport im neuen Stadion, während die konkreten Planungen für die Tag für Tag stattfindende Inklusion im Sportpark auf die nächste Legislaturperiode vertagt wurden und im Landeshaushalt finanziell noch gar nicht hinterlegt sind.

Der Jahnsportpark steht exemplarisch für ein überkommenes, völlig unzeitgemäßes Vorgehen einer durch Energieverschwendung getriebenen Wegwerfgesellschaft. Allein in der näheren Umgebung sollen der Neubau des Kinos Colosseum (1996/97), das Fachmarktzentrum am Gesundbrunnen (2008) und die Nixdorfbauten am Humboldthain (1984-86) abgerissen werden. Dass wegen des Umzugs der Basketballprofis von Alba aus ihrer derzeitigen Halle auch ein Abriss der Max-Schmeling-Halle (1996/97) ins Spiel gebracht wird, zeigt, wie flach die Lernkurve immer noch verläuft.
 

Philipp Dittrich
Bürgerinitiative Jahnsportpark