Zu groß, zu teuer, veraltet
Zehn Jahre Vorlauf sind im öffentlichen Bauen keine Ausnahme. Dumm nur, wenn sich in dieser Zeit grundlegende Veränderungen ergeben. Der Klimaschutz hat endlich auch das träge Bauwesen erreicht, die Pandemie hat die Büroarbeit erheblich verändert. Nichts davon hat Eingang in das Projekt Jahnsportpark gefunden.
Das Bedarfsprogramm stellt ein Wünsch-Dir-Was der dort ansässigen Sportvereine dar. Nutzungsüberlagerungen fehlen und in der Summe ist dieses Programm für den Jahnsportpark viel zu groß und für den Landeshaushalt viel zu teuer (aktuell 314,4 Millionen Euro).
Das Stadion könnte selbst für Zweitligafußball ein Drittel kleiner ausfallen, die markante Haupttribüne erhalten und umgebaut und alles deutlich kostengünstiger, quartiersverträglicher und klimaschonender werden. Wäre das für Inklusionssport nicht auch viel geeigneter? Was ist trostloser als leere Ränge?
Völlig aus dem Ruder gelaufen ist die Multifunktionshalle, die planungsrechtlich auf 11.000 m² festgesetzt werden soll. Das entspricht ziemlich genau der Größe der heutigen Sportwiese, bei einer Höhe von bis zu 17 Metern über Gelände zuzüglich Ballfangzäunen von bis zu acht Metern. Gehen Sie bitte einmal hin und stellen Sie sich am Zugang zur Sportwiese vor, dass auf der gesamten Fläche ein Gebäude hochwächst, das inklusive der Fangzäune so hoch ist wie die Wohnbauten an der Gaudystraße. Dieses Volumen versetzen Sie gedanklich auf die Schotter- und die Rasenfläche am südlichen Zugang zum Jahnsportpark. Wenn Sie dabei an IKEA oder DHL denken, liegen Sie richtig.
In einem Sportgebiet sind planungsrechtlich nur die Büros vorzusehen, die für den Betrieb der Sportanlagen unmittelbar erforderlich sind. Die Umstellung auf mobiles Arbeiten und Desk Sharing wurden in der Planung bisher nicht berücksichtigt. Bei einer Reduzierung von ca. 100 auf ca. 50 Arbeitsplätzen könnte das bis zu 26 Meter hohe Bürogebäude komplett entfallen und die Büros in die (verkleinerte) Sporthalle integriert werden.
Jetzt ist es höchste Zeit, dieses fossile Projekt mit Augenmaß und Vernunft neu aufzustellen. Ziel: halbe Kosten, doppelte Inklusivität. Der Finanzsenator hat es in der Hand. Und vielleicht auch ein ermutigendes Schreiben von Ihnen?
Philipp Dittrich
Architekt, Bürgerinitiative Jahnsportpark