Wir sind doch wieder wer, oder?

Für den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner steht das Vorhaben weit oben auf seiner Must-to-have-Liste. Die Bewerbung Berlins für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2036 hat für ihn Priorität: „Wir könnten den Gegensatz zu diesen furchtbaren Nazi-Spielen vor 100 Jahren zeigen. Wir könnten zeigen, dass das neue Berlin eine bunte, offene, vielfältige, demokratische Metropole ist.“

Bunt, vielfältig, demokratisch, das waren auch Tribute für Deutschland in den 1920er Jahren. Nach den Verheerungen des Ersten Weltkriegs waren darum 1928 deutsche Sportler auch wieder zu Olympia nach Amsterdam eingeladen worden. Deren Erfolg dort ermutigte das Olympiakomitee, sich im Mai 1930 um die Austragung der Spiele 1936 zu bewerben. Das Timing hätte besser sein können. Wenige Wochen vorher, im März 1930, scheiterte die Reichsregierung an einer politischen Marginalie, im September gab es Neuwahlen. Die NSDAP stellten danach mit 18,3 Prozent, ein Plus von 15,5 Prozent der Stimmen, plötzlich die zweitstärkste Fraktion im Parlament. Da bekam die gängige Intention, man wolle sich gern wieder international präsentieren und das deutsche Volk hinter einer gemeinsamen Idee versammeln, einen ersten eigenen Drive.

Dass da fast jeder fünfte Deutsche bereits die Nazis gewählt hat, schien niemanden sonderlich zu erschrecken. Und so verkündete im Mai 1931 das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Vergabe der Spiele an Berlin, die „Reichshauptstadt“ hatte sich mit 43:16 Stimmen bei acht Enthaltungen gegen Barcelona durchgesetzt. Im noch demokratischen Deutschland fand die Wählerschaft eine eigenwillige Antwort auf die internationalen Vorschusslorbeeren, sie machte bei Reichstagswahlen 1932 die NSDAP mit 37,3 Prozent zur mit Abstand stärksten Fraktion. Der Rest ist, nun ja, Geschichte. Und heute? In den Umfragen liegt die AfD konstant bei 22 Prozent.


HaSe