NOlympia ist ein Ja zu Berlin
Die Ablehnung einer Berliner Olympiabewerbung ist kein Ausdruck von Kleingeist, sondern eine bewusste Prioritätensetzung. Berlin steht vor erheblichen Herausforderungen: marode Infrastruktur, überlastete Verwaltung, soziale Spaltungen, Klimakrise und ein Milliardenloch im Haushalt. In dieser Situation Milliarden in ein riskantes Großprojekt zu stecken, wäre politisch fahrlässig.
Olympische Spiele bringen in der Regel enorme Kostenüberschreitungen mit sich - im Schnitt 156 Prozent, wie die Oxford Olympics Study zeigt. Nachhaltige Verbesserungen für den Breitensport oder die Stadtentwicklung bleiben meist aus. Stattdessen entstehen repräsentative Bauten mit kurzer Lebensdauer. Wer wirklich in Sportinfrastruktur investieren will, braucht dafür keine olympische Bewerbung, sondern eine langfristige kommunale Strategie.
Auch demokratisch ist der Prozess fragwürdig: Während Städte wie Hamburg, München oder Innsbruck die Bevölkerung abstimmen ließen, plant der Berliner Senat keine Bürgerbeteiligung. Dabei wäre ein solches Projekt ohne breite Legitimation weder sinnvoll noch verantwortbar.
Die Haushaltslage Berlins verschärft das Problem zusätzlich: Im Gegensatz zu Hamburg kann Berlin Investitionen nicht als langfristige Werte aktivieren, sondern muss sie im selben Jahr gegenfinanzieren. Das verhindert strategische Investitionen und zwingt zu Kürzungen an anderen Stellen – etwa bei Kitas, Schulen, Verkehr und Kultur. Olympia würde diese Lage verschärfen, nicht verbessern.
Stattdessen braucht Berlin eine Investitionsoffensive in bezahlbaren Wohnraum, Bildung, Gesundheitsversorgung, klimafreundliche Mobilität und demokratische Beteiligung. Eine progressive Stadtpolitik orientiert sich an den Alltagsbedürfnissen der Bevölkerung, nicht an internationalem Glanz.
NOlympia bedeutet daher nicht Nein zum Sport, sondern Ja zu einer sozialen, ökologischen und demokratischen Stadtentwicklung. Olympiabewerbungen im bisherigen Format sind aus der Zeit gefallen. Zukunftsfähig wären nur länderübergreifende Modelle mit fairer Lastenteilung und demokratischer Legitimation. Ein Nein zur Bewerbung ist deshalb ein Ja zu einer solidarischen Hauptstadtpolitik im 21. Jahrhundert.
Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff

